Über die Regionen Deutschlands ergibt sich ein bunt gemischtes Bild. Viele Betriebe konnten mangels Befahrbarkeit bis heute noch nicht einmal andüngen. Solche Rapsbestände hungern mittlerweile kräftig, nachdem sie bis Mitte Februar noch ganz gut mithalten konnten. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch zahlreiche Flächen, die bereits komplett mit der N-Gesamtmenge abgestreut werden konnten (Bild 1). Entweder in einer oder auch in zwei Teilgaben. Frohwüchsige Bestände begannen bereits Anfang Februar mit verstärktem Wachstum und der Sprossstreckung, diese sind jetzt nicht selten schon 50-70 cm hoch mit vielen Pflanzen im Großknospenstadium und vereinzelten Frühblühern. Teilweise ist in solchen üppigen Beständen bereits eine Wachstumsregler-/Fungizidmaßnahme erfolgt.
Das breite Mittelfeld befindet sich spätestens seit Ende Februar ebenfalls in der Schossphase, normalerweise sollte zu diesem Zeitpunkt die N-Düngung bereits abgeschlossen sein.
Düngung
- Bereits komplett mit N und S (min. 30-40 kg) aufgedüngte Bestände sollten bei nächster Gelegenheit noch einmal mit Spurennährstoffen, insbesondere Bor (300 g) versorgt werden. In den Trockenregionen Nmin-Werten von häufig 50-80 kg konnten die Bestände oft mit nur einer N-Gabe fertig gemacht werden.
- Sofern erst ein Teil der N-Düngung realisiert werden konnte, muss die N-Düngung zügig abgeschlossen werden. Daher schnell verfügbare Nitratformen bevorzugen. Flächen mit Organik und/oder Herbstdüngung haben im milden Winter bereits viel N aufnehmen können, so dass in der Praxis viele Betriebe die maximal nach DüV zulässige N-Düngung gar nicht voll ausschöpfen. Dies spiegelt auch die Erfahrungen der letzten Jahre wider, als höhere N-Mengen aufgrund der stressigen Witterung oder Schädlingen nicht entsprechend in Erträge umgesetzt werden konnten. Nach dem Motto: früher haben wir auf 45 dt gedüngt. Heute sind wir unsicher, ob wir überhaupt einmal wieder die 40 dt erreichen. Obwohl die Bestände oftmals wirklich gut aussehen.

Durch anhaltende Staunässe abgestorbene Wurzel
Konnte nässebedingt bisher noch überhaupt nicht angedüngt werden, wird es jetzt kritisch. Denn Wurzelwerk und Bodenstruktur sind schlecht, die Pflanzen klein, blau/violett und verhungert. Dennoch sind auch hier die Blütenknospen freiliegend und generativ weit entwickelt zu finden. Die N-Aufnahme ist spätestens bis zum Ende der Blüte beendet. Wann wird das in diesem Jahr sein? Wie kräftig kann der Raps bis dahin noch werden? Hier stellt sich die Frage der realistischen Ertragserwartung, es gibt kaum Erfahrungen. Und wann kann man die Flächen überhaupt befahren? Zunächst einmal prüfen, ob die Wurzeln noch leben oder im schlimmsten Fall bereits abgerottet sind (Bild 2 – durch anhaltende Staunässe abgestorbene Wurzel). Ein Kompromiss wäre, lebensfähige Bestände mit 100 kg schnell verfügbarem Stickstoff und 30 kg S zu versorgen. Wichtig ist eine hohe Nährstoffkonzentration in der Bodenlösung, damit auch in kurzer Zeit trotz schwacher Wurzel genügend N in die Pflanzen gelangt. Ob noch einmal etwas N flüssig in der Blüte nachgelegt werden kann, hängt dann von der Regeneration des Bestandes ab.
Wachstumsregler/Fungizid

Blattsymptome
- In üppigen Beständen mit 40 cm Wuchshöhe und mehr sollte bei Befahrbarkeit zeitnah eingekürzt werden, falls nicht bereits geschehen. Bei Mittelwahl und Aufwandmenge den Krankheitsdruck berücksichtigen. Im Norden aufgrund des „englischen“ Winters aktuell häufig Pilzinfektionen mit Cylindrosporium (Bild 3 – Blattsymptome oder sogar ganze Pflanzen mit kräuseligen Blättern, im Wuchs zurückbleibend, oft mehrere Pflanzen nesterweise) zu finden, dazu teilweise noch eine Phomabelastung aus dem Herbst. Hier je nach Sorte und Bestandesdichte z.B. 0,5 l/ha CARAX mit 0,7 – 1 l/ha TILMOR kombinieren, um sowohl Einkürzung als auch Fungizid sicherzustellen.
- Bestände zwischen 20 und 40 cm Wuchshöhe ohne Krankheitsvorbelastung können je nach Bestandesdichte und Sorte z.B. mit 0,7 l/ha CARAX oder 0,8-1 l/ha Tebuconazol reguliert werden. Behandlung bei warmer Witterung, aber frostfreier Nacht.
- Unter Nässe leidende Bestände oder Teilflächen noch nicht behandeln, sondern die Erholung der Pflanzen bei nachlassendem Stress abwarten. Dann mit reduzierter Aufwandmenge z.B. mit 0,6-0,8 l/ha Tebuconazol behandeln.
Schädlingskontrolle
Bei Temperaturen im zweistelligen Bereich, Sonne und abtrocknenden Böden muss ab jetzt in ganz Deutschland mit einsetzendem Schädlingszuflug gerechnet werden. Detaillierte Infos siehe aktuelle proPlant Prognose. Gelbschalen jetzt noch einmal startklar machen. Bis auf wenige Regionen im Süden wird es sich um den Erstzuflug handeln. Das heißt, bisher konnte sich der Raps quasi schädlingsfrei entwickeln – ein großer Pluspunkt gegenüber dem Vorjahr, als bereits Mitte Februar ein teils massiver Zuflug einsetzte.

Stängel- und Triebrüssler sollten nicht auf die leichte Schulter genommen, sondern bei Überschreitung des Bekämpfungsrichtwertes (s. Tabelle) behandelt werden. Die kräftigen Bestände lassen es bei Triebrüssler und Rapsglanzkäfer aber zu, temporär auch eine deutliche Überschreitung des Bekämpfungswerts auszusitzen. Ziel ist es, so zunächst noch weitere Schädlinge zufliegen zu lassen, um dann mit einer Maßnahme die maximale Wirkung zu erreichen und bestenfalls mit dieser optimalen Behandlung bereits auszukommen. Bei jeder Maßnahme Bienenschutz sicherstellen.
Stärke und Dauer des Zuflugs können nicht vorhergesagt werden. Selbst von Schlag zu Schlag kann der Zuflug erheblich variieren. Aufgrund der kurzen Zeitspanne bis zur Blüte ist aber wahrscheinlich, dass im Gegensatz zum Vorjahr keine lokal bis zu 5, sondern vielleicht nur 1 oder 2 Behandlungen notwendig sein werden. Mit Glück kommen wir auf einigen Schlägen sogar ganz ohne oder mit einer Randbehandlung aus. Wir werden sehen. Jede nicht durchgeführte Behandlung schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch unsere zahlreichen Nützlinge im Raps.
12.03.2020 Dipl.-Ing. agr. Rainer Kahl, RAPOOL-RING GmbH