Der Raps wächst, aber viele Flächen sind aktuell nicht befahrbar. Viele Bestände vor allem im Norden befinden sich bereits im Schossen, konnten und können aber noch nicht angedüngt werden. Was ist zu beachten?
Der Winter endet, bevor er begann
Am 1. März beginnt der meteorologische Frühling. Doch bereits jetzt kann man sagen, dass der Winter 19/20 bis auf Höhenlagen komplett ausgefallen ist. Während es im Süden und Osten zumindest einige kurze Perioden mit leichten Minustemperaturen gab, war in West- und Norddeutschland selbst Nachtfrost Mangelware. Positiv daran ist, dass sich selbst die wegen Trockenheit verzettelt und spät aufgelaufenen Rapse noch sehr gut entwickeln konnten und auch eine vernünftige Pfahlwurzel ausgebildet haben.
Große Unterschiede in der Bodenfeuchte
Oberflächlich sind im Gegensatz zum Vorjahr alle Böden ausreichend gut durchfeuchtet (s. Karte DWD). Doch die Unterschiede im Bodenwasser-Vorrat sind nach wie vor gewaltig. Die bekannten Trockenzonen im östlichen Vorpommern, in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen, Thüringen und auch in Teilen Bayerns weisen immer noch ein hohes Wasserdefizit im Unterboden aus. Das krasse Gegenteil erleben weite Teile Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und die Hochwasserregionen im Südwesten. Hier sind viele Flächen schon seit Wochen absolut wassergesättigt, bei weiter anhaltenden Niederschlägen wird sich daran auch in den nächsten Tagen (und Wochen?) nicht viel ändern. Viele Flächen sind und bleiben zunächst unbefahrbar. Bei anhaltender Staunässe kann es insbesondere in den Marschen sogar noch zum Absterben der Wurzeln kommen, da kein Gasaustausch mehr stattfinden kann und die Wurzeln quasi ersticken.
Konsequenzen für die Düngung
Es gab im Norden und Westen keine, im Süden und Südosten kaum eine Vegetationsruhe, die Rapsbestände sind oft durchgewachsen und vielfach weit entwickelt.
Auf leichteren Standorten sowie in den Trockenregionen sind häufiger abgestorbene gelbe oder violette Blätter zu finden. Solche Bestände sollten jetzt angedüngt werden, denn das Wachstum und damit der Nährstoffbedarf hat bereits voll eingesetzt.
In warmen Böden kam es bei ausreichender Bodenfeuchte zu einer anhaltenden leichten Mineralisation. Auf Standorten mit hohem Nachlieferungspotenzial zeigen daher etliche Rapsbestände trotz relativ niedriger Nmin.-Werte bisher keinen Nährstoffmangel.
Stickstoff: Da die N-Aufnahme bis zur Blüte weitgehend abgeschlossen ist, muss der Raps vorher innerhalb von nur 8-10 Wochen 150-200 kg N aus dem Boden aufnehmen. Daher müssen N und auch S gerade in diesem Jahr zeitig zur Verfügung gestellt werden, sofern die Befahrbarkeit es erlaubt.
Ist eine Andüngung erst im März möglich, kann die komplette N-Düngung auch in einer Gabe bzw. bei zwei Gaben ohne große zeitliche Trennung erfolgen. Denn der „übliche“ Termin für die zweite N-Gabe (zum Schossen) ist häufig bereits erreicht. Und die maximal zulässige N-Düngung nach Düngeverordnung beträgt je nach Betriebsertrag und Nmin. oft nur 130 bis 170 kg.
In Regionen mit hohen Niederschlagsmengen müssen auch Nährstoffverlagerungen und Auswaschungsverluste z.B. bei S, K, Mg, Bor einkalkuliert werden.
Die Wetterprognose sagt (Stand 19.02.) zumindest für die kommenden 2-3 Wochen weder Winter noch Frühling vorher. Anders als in 2018 (trocken, ohne Übergang direkt von kalt zu heiß, 3 Wochen vom Schossen bis zur Blüte) und 2019 (Vollfrühlinge ab Mitte Februar, früher Schädlingsdruck, Frost in der Blüte, danach Hitze und Dürre) besteht somit für 2020 die Hoffnung, dass Streckungswachstum und Nährstoffbedarf zwar sehr früh einsetzen, dafür aber langsamer und kontinuierlicher ablaufen können. Die Wurzeln sind gerade in den bisherigen Trockenregionen gut entwickelt.
Was tun bei weit entwickelten Beständen?
Nicht nur Einzelpflanzen, sondern auch ganze Bestände befinden sich bereits im Februar im vollen Streckungswachstum mit 10-20 cm Stängellängen. Dies gilt häufig für Rapse mit frühem Saattermin, höhere Bestandesdichten, N-Herbstdüngung oder unterbliebener Einkürzung im Herbst. Teilweise sind bereits die Blütenknospen sichtbar (bei geplanten Herbizideinsätzen unbedingt beachten!). Dies ist besonders im Nordwesten zu beobachten.
Wachstumsregler: Je nachdem ob bzw. wie weit sich das Februarwetter auch im März fortsetzt, werden diese Bestände sich langsam weiter strecken. Ein später Wintereinbruch wäre fatal. Falls aber in der ersten Märzhälfte eine Schönwetterperiode mit frühlingshaften Temperaturen kommen sollte, könnten erste Rapse noch im März viel zu früh mit der Blüte beginnen. In diesem Fall sollte so eine Phase mit Sonne, deutlich zweistelligen Temperaturen und milden Nächten gezielt zur Wachstumsregulierung (z.B. 0,5-0,8 l/ha Carax) genutzt werden. Waren gleichzeitig bereits im Herbst vermehrt Phoma-Blattflecken zu finden, kann die Einkürzung auch mit Tebuconazol-haltigen Produkten kombiniert werden.
Rapsschädlinge immer im Blick behalten
Anders als 2019 hat der Schädlingszuflug bisher nur regional in den südlichen/wärmeren Regionen Bayerns und Baden-Württembergs eingesetzt, ist aber auch dort bis auf Einzelfälle noch nicht bekämpfungswürdig. 2020 wird sich der Raps also einen gesunden Vorsprung erwachsen können, bevor der Schädlingszuflug, wahrscheinlich erst irgendwann im März, einsetzt. Dennoch sollten die Gelbschalen spätestens jetzt überall aufgestellt werden, um unangenehmen Überraschungen wie im Vorjahr zu vermeiden.
Den bundesweit besten Überblick zur aktuellen Schädlingssituation haben die Experten von proPlant. Wir freuen uns, die langjährige Zusammenarbeit mit proPlant auch in diesem Frühjahr fortsetzen zu dürfen und werden Sie weiter in regelmäßigen Abständen mit den wichtigsten Informationen versorgen. Diesen Service gibt´s kostenlos automatisch auch über Whatsraps direkt auf Ihr Tablet bzw. Smartphone.
Zum Schluss noch der Hinweis auf unser RAPOOL Schädlings-Monitoring, das vom Mitmachen lebt. Je größer die Beteiligung, desto besser wird die Übersicht zum tatsächlichen Schädlingsdruck in der Praxis.
21.02.2020 Dipl.-Ing. agr. Rainer Kahl, RAPOOL-RING GmbH